Mehr als nur Häuslebauer

Seit 50 Jahren gibt es das Architekturbüro Stahn in Bad Salzuflen. Für Vater und Sohn war die Zeit ein Auf und Ab. In Spitzenzeiten waren bis zu 25 Mitarbeiter beschäftigt. Den Junior reizt besonders die Sanierung von Altbauten.

Alexandra Schaller, Lippische Landeszeitung 2019

Bad Salzuflen-Wüsten. Diethard Stahn (85) ist noch ein kleiner Junge, als er miterleben muss, wie seine Heimatstadt Dessau im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört wird. „Unsere Generation wurde geprägt davon, dass wir unser Land wieder aufbauen mussten“, erinnert er sich. Ein Grund mehr, selbst mit anzupacken und sich nach der Ausbildung zum Zimmerer und dem Studium zum Bauingenieur als Architekt in der Salzestadt selbstständig zu machen. Inzwischen gibt es das Architekturbüro Stahn in Bad Salzuflen seit 50 Jahren und wird in zweiter Generation von Sohn Michael Stahn (53) geführt.

Die Architektenlaufbahn von Diethard Stahn beginnt allerdings woanders: in der Schweiz. In Zürich werden auch seine drei Kinder geboren, er selbst ist dort ab 1959 als angestellter Architekt tätig. Als er sich einbürgern lassen will, erfährt er jedoch, dass ihn dieses Prozedere ein ganzes Jahreseinkommen kosten würde er lehnt ab und bricht die Zelte in der Schweiz ab. Es zieht ihn zurück nach Bad Salzuflen, wo er eine Stelle bei der Finanz-Bau der Maritim-Gruppe bekommt. Ab 1966 wirkt er dort als Bauleiter beim Bau des Maritim-Hotels Timmendorfer Strand mit. Schnell ist ihm jedoch klar: „Hier werde ich nicht alt.“ 1969 macht sich Diethard Stahn daher als Architekt selbstständig. Gerade die Anfänge sollten aber alles andere als einfach werden. „Der Winter war hart, wir hatten unser erstes Projekt in Form von Mehrfamilienhäusern geplant, aber wir konnten aufgrund der Witterung einfach nicht mit dem Bau beginnen“, erinnert sich Diethard Stahn an Unmengen Schnee und dass er nach nur einem Vierteljahr Selbstständigkeit fast vor der Pleite stand. Doch er hält durch, kann sein erstes Großprojekt abschließen und profitiert später vor allem vom Bau-Boom der 1970er Jahre. „Zu Spitzenzeiten waren wir 25 Angestellte im Büro“, erzählter. Es folgen ein stetes Auf und Ab und unzählige Umzüge des Büros. Von der Wenkenstraße geht es über die Ziegelstraße, unter anderem nach Wüsten und Retzen. „Weil die Räume immer entweder zu groß oder zu klein wurden“, erzählt Diethard Stahn. Sein Sohn Michael begeistert sich schon früh fürs Zeichnen und macht nach der Schule eine Ausbildung zum Bauzeichner. Architekt wollte er eigentlich nie, werden, erzählt er. Geworden ist er es dann aber doch. „Weil mir das Zeichnen allein nicht mehr gereicht hat“
sagt er.

Nach zwei Jahren am Tegernsee macht er sich 1998 mit seinem eigenen Architekturbüro in Salzuflen selbstständig. „Während mein Vater vor allem Großprojekte anging, wollte ich mich um kleinere Angelegenheiten wie etwa Nutzungsänderungen kümmern“, erzählt er. 2000 übernimmt dann schließlich doch das Büro seines Vaters. Besonders stolz ist er auf den Bau der Salzufler Messehallen 22 und 23. Und auch sein Vater Diethard denkt gar nicht an Ruhestand:
Er ist seit 2002 Gutachter für das Baugewerbe und bringt sich damit nach wie vor für die Firma ein, die sich inzwischen in Wüsten niedergelassen hat.

Besonders deutlich spüren Vater und Sohn die Veränderungen der Branche. Wurde früher noch alles per Hand gezeichnet, läuft heute vieles am PC.Und auch die Kunden wandeln sich:
Wo früher Geschäfte per Handschlag auf dem Schützenfest besiegelt worden, geht heute nichts mehr ohne schriftlichen Auftrag. „Außerdem mischen sich die Leute mehr ein und stellen unsere Arbeit in Frage. Sie meinen, mitreden zu können, dabei schauen viele von ihnen einfach nur zu viel Fernsehen“,
meint Michael Stahn.

Während sich sein Vater vor allem auf den Bereich Gastronomie und Hotellerie spezialisiert hatte, sieht Michael Stahn seinen Schwerpunkt auf der Sanierung von Altbauten. „In Bad Salzuflen gibt es so viele schöne alte Gebäude. Diesen alten Charme zu erhalten und gleichzeitig ein modernes Haus daraus zu machen, das reizt mich besonders.“

„Es gibt schlimmere Behörden“

Aufgrund der Niedrigzinsphase wird aktuell viel gebaut – das bekommt auch Architekt Michael Stahn zu spüren. „Die Auftragslage ist gut. Einziges Manko:Handwerker sind schwer zu bekommen“, sagt Stahn, der in Bad Salzuflen und im näheren Umkreis tätig ist. Dass die bürokratischen Mühlen der Salzufler Verwaltung eher langsam mahlen, kann Stahn nachvollziehen. 

„Das liegt auch an der neuen Landesbauordnung, die seit Anfang diesen Jahres in Kraft ist.“ Damit seien viele Entscheidungen komplizierter geworden, das Ganze müsse sich erst einspielen. Er will die Salzufler Behörden daher ein wenig in Schutz nehmen: „Es gibt weitaus schlimmere, sagt er und lacht.